Scheinlegalität

Die Weimarer Republik endete damit, dass formaljuristisch korrekt auf der Grundlage der Weimarer Verfassung Hitler am 30.01.1933 von Reichspräsident Hindenburg zum Kanzler ernannt wurde. Die Weimarer Verfassung hatte dem Reichspräsidenten eine erhebliche Machtfülle gegeben, die ihm u.a. gestattete, mit Notverordnungen zu regieren und den Reichstag aufzulösen. Nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch vom 09.11.1923 hatten sich die Nazis auf die Legalitätsschiene begeben und die Schwächen des Weimarer Systems schamlos genutzt, um es von innen zu zerstören. Letzter Akt war die sogenannte Reichstagsbrandverordnung vom 28.02.1933, eine Notverordnung des Reichspräsidenten (sic!), die „bis auf weiteres“ die Grundrechte außer Kraft setzte. Damit war der Unrechts- und Willkürstaat Hitlers (schein-)legal installiert.

Thüringen ist nicht Weimar, aber die verlogenen Tricks der Höcke-AfD offenbaren deutlich, dass der Strippenzieher diese historischen Gegebenheiten sehr gut zu kennen scheint. Der große Unterschied der Weimarer Republik zu heute ist, dass Deutschland keine „Republik ohne Republikaner“ ist. Insofern ist mir nicht bange um die Zukunft unserer Demokratie. Aber wir müssen wachsam sein und unseren Beitrag zur wehrhaften Demokratie leisten. Weggucken und Wegducken ist gefährlich.

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2 Gedanken zu „Scheinlegalität“

  1. Gut, dass im Geschi-LK doch was bei mir hängengeblieben ist. Ich hatte dieser Tage genau Deinen Gedanken. Mir gruselt nachhaltig…

  2. Dem kann ich nur zustimmen. Dass sich eine Demokratie selbst abschafft, ist nicht selten: Türkei, Polen, Ungarn. Da sehen wir Diktaturen in verschiedenen Entwicklungsstadien. Oder nehmen wir die US-Republikaner, die eine unangenehme Beweiserhebung durch Mehrheit verhindern. Oder Boris Johnson, der das lästige Parlament einfach in Urlaub schicken wollte. Oder Fraktionszwang im Bundestag. In der Tat: Weggucken und Wegducken ist gefährlich. Aber es findet statt.

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